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149. SANDALEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 26. April 2021

Durch das rohe Wirken unserer Umwelt fühlen wir wie zunehmend unser Selbstbewusstsein schwindet. Mit Interesse nehmen wir die Idee unserer Ehegattin auf, in ein renommiertes Institut für fernöstliche Kampftechniken einzutreten. Um unsere Eignung über alle Zweifel zu erheben, lassen wir gleich beim ersten Training unseren in 14 Jahren angestauten Missmut nach außen und springen den Trainer sofort an.

Uns wendend und duckend weichend springen wir bald in die Höhe, überschlagen uns in der Luft und kommen doch senkrecht bald wieder auf die Füße, bald auf die Hände zu stehen. Plötzlich springen wir wieder vor und strecken den Trainer mit einem gewaltigen Faustschlag nieder. Wir warten geduldig, es herrscht die spannungsvolle Ruhe einer gesteigerten Erwartung.

Wenn der Trainer wieder aufsteht, gibt er uns mit eindringlichen Fußtritten unter Begleitung der heftigsten Verfluchungen zu verstehen, wir sollen abhauen.

Wir kehren heim und biegen in die unseren Sandalen wohlbekannte verschattete Gasse ein. Kaum haben wir daheim durch leises Klingeln Einlass begehrt, werden wir schon aufgefordert, die Füße zu fegen und den Restmülleimer zu entleeren.

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148. EIN PAAR BIERCHEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 19. April 2021

Damit die Wirrnis sich in unseren Köpfen legt, trinken unsere Freunde und wir gerne gemeinsam ein paar Bierchen in unserer Stammkneipe. Nach ein paar Freirunden oder so, sagen unsere Freunde, wir seien die heimlichen Herrscher dieses Planetens.

Diese Worte, die zweifellos einer guten und durchaus wahren Erkenntnis entspringen, verhallen jedoch in dem donnernden Echo, daß aus dem schwellenden Gang des Rädergetriebes einer globalen Weltwirtschaft bis in die entlegensten Winkel der Erde brüllt.  

Denn, am nächsten Tag haben wir als stellvertretende Unterabteilungsleiter für Reklame und Sonstiges weiter unseren Kleinkram auf der einfachen Dorfsbühne zu verrichten und die große Welt wartet vergeblich.

Wir meinen: wir sollten morgen noch einmal in unserer Stammkneipe versuchen.

147. EIN ZUFALL GENÜGT

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 12. April 2021

Unsere Lieblingsspelunke, Stätte orgiastischen Treibens, wo ewiges Rasseln und Tosen die Luft erfüllt, verschlingt ihre Opfer und speit sie im Zustand fieberhafter Delirien und Trunkenheit wieder aus.

Die eilig herbei gerufenen Taxen, gelenkt von Fahrern – Alkoholwracks – mit langen blonden Haaren, tolltaumelnd flatternd in der Schnelligkeit, versuchen die anderen Taxen zu überholen, deren Fahrer schon beim Starkbier Nummer sieben angelangt waren.

Ein Zufall genügt und Welten eröffnen sich. Der Nebel ist so dicht, dass man weder seinen Weg noch sich selbst darin findet.

Wir haben so das unbestimmte Gefühl, dass wir jetzt gleich, behaglich in unserem Sarg liegend, uns mit den unlösbaren Rätseln des Daseins zu bemüßigen haben werden.

146. BEKÜMMERNIS

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 5. April 2021

– „ Meine Herren, Sie meinen wohl, wir wären blöd. „

– „ Nein, meine Damen. Aber wir können uns natürlich gewaltig irren. „

– „ Meine Herren, wir würden gern in eure Gedanken eintreten. „

– „ Sie verursachen uns Bekümmernis, meine Damen.

145. ABBUMMELN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 29. März 2021

Seit viereinhalb Monaten sind wir in der Überlegung, eine Mittelfristprognose zu erstellen.

Pünktlich um 14:45 Uhr nehmen wir die Verschiebung der Vorbereitung auf Morgen in Angriff.

Heute wollen wir mal, wie üblich, ausnahmsweise vorzeitig Feierabend zwecks Abbau von künftig zu leistenden Überstunden machen.

Die Affenschreie und misstönende Nashornvogellaute der Vorgesetzten sind uns, ehrlich gesagt, ziemlich scheißegal.

144. DA MÜSSEN WIR UNS ERSTMAL

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 22. März 2021

Aufstrebende Jungmanager versuchen uns, Vorstandsvorsitzende, in letzter Zeit in Bedrängnis zu bringen. Aber wir wollen ihnen nicht den Gefallen tun.

Wir sind alte Wirtschaftswüstlinge. In der nächsten Mittelfristprognoserunde packen wir die Jüngelchen mit der Faust der überväterlichen Macht an: durch drei figürliche Betonschläge lassen wir ihnen den absackenden ROI  symbolisch ins Leib krachen. Einmal in die Brust, dann in die Flanke und schließlich in die Gedärme. Das muss langen.

Aber weit gefehlt: kaum zu Brei geschlagen, stehen die aufstrebende Jungmanager schon wieder vor uns: “Es scheint, dass ein dichter Nebel, eine namenlose Erstarrung, Eure Sinne betäubt. Eure unsicheren Tastversuche, die man im Halbdunkel einer unruhigen Zeit wahrzunehmen glaubt, sind doch nur die Vorzeichen einer nahenden Dämmerung, eines neuen Anfangs. Jahrelang eine fabelhafte Entfaltung, aber für Euch ist der schöpferische Schwung jetzt zu Ende.”

Da müssen wir uns erst mal breit hinsetzen. Wir sollten doch besser, so schnell wie möglich, in den Aufsichtsrat wechseln, glauben wir.

143. WEIBLICHE HÜHNERAUGEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 15. März 2021

Wir tanzen wild und unbeherrscht.

Blitze durchzucken unsere Seele.

Die weiblichen Hühneraugen haben jedoch ein treues Gedächtnis.

Wir sind noch immer Junggesellen.

142. NUN DAS SIND WIR

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 8. März 2021

Unsere Mitarbeiter sitzen da und machen Excel-Tabellen.

Und unsere Sekretärinnen sitzen dort und tun nichts.

Und was wir uns auch strategisch überlegen, es kommt nur in Powerpoint etwas dabei raus.

Nun, das sind wir, das Globalisierungsteam.

141. KEINE INNERE ENTSPRECHUNG

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 1. März 2021

Der Schritt vom niedrigen zum höheren Gehalt ist gerade in dieser Abfolge von großer Bedeutung, wenn man ein niedriges Gehalt hat.

Insbesondere, wenn man für dieses niedrige Gehalt auch noch viel Aufwand treiben muß.

Mit einiger Umständlichkeit sagen wir da wohl nur scheinbar etwas Selbstverständliches.

Denn es will sich seit Jahrzehnten keine innere Entsprechung zwischen unseren Grundabsichten und der Entscheidung des Spartenleiters für Personal und Sonstige Probleme unseres Weltkonzerns einstellen.

140. INSEKTENMYRIADEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 22. Februar 2021

Widerstrebend fügen wir uns der milden Aufforderung der Ehefrau zu versuchen unserem Vorhaben, den überquellenden Restmülleimer zu entleeren, konkrete Gestalt zu geben.

Schon begeben wir uns zur Restmülltonne in den Vorgarten hinaus. Über uns wölbt sich die wohltuende Freiheit des Himmels. In raschen Gedanken ziehen die Betrachtungen an uns vorüber. Die kühle Luft des Abends fächelt leise in den buschigen Wedeln der Pappeln, in deren Kronen Insektenmyriaden ihr Nachtlied zirpen. Und dann … plötzlich, so meinen wir, ein erster Regentropfen. Ein Orkan kündigt sich an.

Eiligst ziehen wir uns in die schützenden vier Wände zurück. Nur mit Mühe können wir die Ehefrau davon abhalten, nicht zu versuchen, einen offensichtlich falschen Gedanken durch eine falsche Begründung noch falscher zu machen.

Selbstverständlich morgen früh –spätesten mittags- wird die Restmülleimerangelegenheit erledigt. Hoffentlich regnet es morgen Abend nicht wieder.

139. STRAßENHÄNDLER

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 15. Februar 2021

In unserem Wohnort gibt es manche Straßenhändler ohne Migrationshintergrund, die überall Profit herausschlagen oder vielmehr uns offen betrügen wollen, als ob wir es nicht übelnehmen würden oder verhindern wollten.

Wir sind immer bestrebt dieses Mißverständnis aufzuklären. Dabei sind unsere Fäuste meistens so glücklich, die betreffenden Straßenhändler ohne Migrationshintergrund gnadenlos zu treffen. Die Wildheit ihrer Blicke und Bewegungen bringt ihre vollständige Unbekanntheit mit allem, was sie da beobachten, zum vollen Ausdruck.

Nun gibt es in unserem Wohnort auch die Straßenhändler mit Migrationshintergrund. Ob es hier auch welche gibt, die ebenso überall Profit herausschlagen oder vielmehr uns betrügen wollen, als ob wir es nicht übelnehmen würden oder verhindern wollten, wissen wir nicht. Wir wissen aber, es gibt welche, die schon heimlich im voraus das Geld aus unseren Taschen nehmen, sowie uns auch ihre Absicht verheimlichen, uns überhaupt keine Ware dafür liefern zu wollen.

So lange wir dies nicht gemerkt haben, nehmen wir ihnen dieses Mißverständnis nicht übel. Und wenn wir es gemerkt haben, nehmen wir es ihnen selbstverständlich auch nicht übel. Ihnen fehlt die Wildheit der Blicke und Bewegungen der Straßenhändler ohne Migrationshintergrund. Im Gegenteil, sie lachen viel. Man könnte sogar meinen, sie lachen uns … ach, lassen wir mal lieber.

138. SCHARFER BLICK

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 8. Februar 2021

Wo sind die Mädchen?

Wir wünschen es wünschen zu wissen, denn ihre Nähe würde uns beglücken.

Unser scharfer Blick sucht stundenlang die Umgebung ab.

Später finden wir unter dem Scheibenwischer unseres Untermittelklassewagens ein Knöllchen. 50 € für verbotenes Parken mit Verkehrsbehinderung.

137. HELDENHAFT

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 8. Februar 2021

Tagtäglich versuchen wir heldenhaft die Stimme unseres Magens zu beschwichtigen.

Unmöglich das allmorgendliche brüllende Gelächter unserer interaktiven Waage zu überhören.

136. ALS SIE PLÖTZLICH

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 1. Februar 2021

Unsere Ansichten erlauben es nicht, Tätigkeiten durch zu führen, die mit Arbeit in Verbindung stehen. Die Zeit ist noch nicht reif für einen tiefgreifenden Wandel.

Nachdem wir in letzter Zeit tagtäglich von der Arbeitsagentur per E-Mail aufgefordert werden, Maxi-Jobs zum Mini-Gehalt anzunehmen, begeben wir uns zu unserer Betreuerin. Wo sie uns zu coachen beginnen will, sagen wir ihr gleich, daß wir von ihrem schlechten Betragen gehört haben und gekommen sind, dies zu untersuchen.

Wir züchtigen sie hart und bedächtig, als sie plötzlich schwärmerisch zu uns aufschaut.

Auch das noch: jetzt werden wir in Heiratsangelegenheiten verwickelt.

135. ZIEMLICH

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 1. Februar 2021

Ja, wir werden schon sehen, was wir sehen werden.

Was wir jetzt auf jeden Fall sehen, ist dass, die winterlichen Temperaturen dieses Jahr ziemlich unvorsommerlich ausfallen, um so zu sagen.

134. EXZENTRISCHE REGUNG

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 25. Januar 2021

Wahrlich, sich mit Frauen auszukennen ist für uns Intellektuelle nicht so leicht.

Unter ihren Unterröcken bewegen sich rasch unsichtbare Geister, wenn wir sie im Arm halten. Ihr heißer Herzschlag fällt uns ins Blut, wie Gift.

Wir bekommen einen Schreck vor jeder exzentrischen Regung, die wir an uns bemerken.

Um unsere Beklommenheit zu ersticken, besuchen wir die königlichen Elefantenställe in unserem Geburtsort, in denen sich die ewig schaukelnden, dunklen Körper einiger hundert glücklicher Rüsselträger befinden.

133. JUNGMANAGER

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 25. Januar 2021

Hallo Ihr aufstrebende und nervende Jungmanager. Eigentlich lieben wir euch.

Wer aber ROI, MBO, IGLOW und KKDU nicht zu unterscheiden weiß, sollte sich erst in den Anfangsgründen des Missmanagements umsehen, ehe er sich herausnimmt, es mit uns aufzunehmen.

132. VIEL VERSTÄNDNIS

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 18. Januar 2021

Wenn wir uns in unserer Stammkneipe mit unseren jungen Freunden treffen und einige Flaschen Jägermeister dabei haben, finden wir immer viel Verständnis für dieses Mitbringsel.

Sie fühlen sich wohl immer imstande, neben den vielen Bierchen auch einige Jägermeisterchen zu ertragen.

Dass sie dabei ab und zu einen grünlichen Anflug bekommen, stört uns nicht. Sie ebenso wenig.

Ach, diese Jugend.

131. BRUXELLES

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 18. Januar 2021

Im Vorruhestand versetzt, beschäftigen wir uns autodidaktisch mit fast allen Wissensgebieten.

Heute leben wir in Bruxelles.

130. STRENG WERDEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 11. Januar 2021

Das zuchtlose und lärmende Benehmen des Gesamtspartenleiters für den nicht-operativen Bereich läßt keine Neigung erkennen, uns zu schätzen oder freundlich zu behandeln.

Eines Tages geben wir ihm bekannt, dass wir es uns ab sofort zur festen Regel machen, ihn mit Güte zu behandeln, wenn sein Benehmen entsprechend sei, wir aber auch streng werden und ihn jederzeit soviel Hilfe, als er braucht und unsere Lage zuläßt, entbehren lassen können, sollte er es verdienen.

Seitdem rennt der Gesamtspartenleiter für den nicht-operativen Bereich äußerst verwirrt herum.

Um so mehr nachdem wir ihn noch vertrauensvoll gewarnt haben, dass bereits Wetten darauf abgeschlossen sind, dass er verloren sei.

129. UNGEHEUERLICH

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 11. Januar 2021

Gegen Abend sind in unserer Lieblingskneipe die noch Lebendigen ziemlich unlebendig.

Wir, die Toten, dafür ungeheuerlich untot.

128. IN EDLER FAULHEIT

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 4. Januar 2021

Erschrecklich unternehmend sind wir nicht: in edler Faulheit verbringen wir meistens unsere Zeit mit bedeutungsvollem Schweigen und stehen dabei gerne gedankenlos an der Theke in der Dorfskneipe. Wir wissen uns dort gegenseitig Dank, dass keiner von uns mit Geschrei und Gewalt die abgemessenen Zirkel des befristeten Daseins des andern stört.

An jenem denkwürdigen Abend werden wir unversehens in einem Strudel von Äußerungslust hineingezogen und geben völlig unbedacht zu bedenken, dass es in diesen schwierigen Zeiten gilt alle Kräfte zusammenzuhalten und weitläufige Umgehungen zu vermeiden.

Seltsam. Diese sparsamen Worte, widerwillig hingebrockt, gehen einige unfreiwillige Zuhörerinnen ein. Schon fragt man uns, wer wir sind. Wir erklären noch, uns von jeglichem Zwang zur Stellungnahme frei zu fühlen, aber schon geht das Gerücht durch die Runde, dass Könige gesprochen haben.

Mit der Beschaulichkeit unseres Daseins ist es seitdem vorbei.

127. AUFFASSUNG

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 4. Januar 2021

Wir sind für nichts als das Nichtstun auf die Welt gekommen. Das ist insgeheim schon immer unsere Auffassung gewesen.

Vielleicht haben wir doch zu wenig Ulrich Wickert gelesen.

126. NUN ZEIGE DOCH MAL

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 28. Dezember 2020

– „Nun zeige doch mal euren Busen, oder seid ihr etwa verklemmt?“

– „Nein!“

– „Wußten wir doch!“

Die Sekretärinnen lachen zwar, aber gezeigt wird nichts. Von schlechten Launen geplagt, nehmen wir  die Belegschaft mit ungeheuerlicher Gewalt an.

125. FRÜHSTÜCK

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 28. Dezember 2020

Im verdienten Ruhestand nehmen wir uns für das Frühstück immer viel Zeit und lassen dabei gerne unsere Augen durch die morgensonnig durchblitzten, opalblaue Landschaft schweifen.

Und überlegen, wen wir heute denn mal so richtig ärgern können.

124. SCHWEINE

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 21. Dezember 2020

Wir lieben die wildesten Lustbarkeiten.

Wir sind Schweine.

Aber gescheit.

Wir herrschen erst durch Liebe und dann durch Gewalt.

123. EINZIGARTIG

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 21. Dezember 2020

Was uns so eigenartig macht, ist, dass wir so einzigartig sind.

Aber noch mehr, dass wir nur ein Gesäusel von augenverdreherischen Phrasen herausbekommen.

122. VIEL ZUSTIMMUNG UND ANTEILNAHME

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 14. Dezember 2020

Wir bringen zur Kenntnis, dass wir der Überzeugung sind, eine substantielle Gehaltserhöhung verdient zu haben.

Leider jedoch genügt unsere Überzeugung nicht, denn der Blick des Spartenleiters für Personal und Sonstige Probleme richtet sich lachlustig auf uns.

Erhebung ist unser Ziel gewesen, Enttäuschung wird die Erfüllung.

Seitdem verbringen wir des öfters die Abende in unserer Dachstube gemeinsam mit einigen solidarisierenden Kollegen. Wir schlürfen Champagne und beklagen uns alle bitter über unser elendes Schicksal. Dabei finden wir gegenseitig viel Zustimmung und Anteilnahme.

121. SCHMALSPURBAHN

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 14. Dezember 2020

Im reifen Frührentenalter geraten wir unfreiwillig von der alten ehelichen Schmalspurbahn ab und verlieren uns in mehrgleisigen Verwicklungen im Bereich der jüngeren vollbusigen Nachbarschaft.

Zur Endstation werden wir es aber wohl nicht schaffen, befürchten wir.

120. GEBRAUCHT, GUTER ZUSTAND

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 von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 7. Dezember 2020

Wir vertreiben unsere Lebenszeit mit groß angelegten gesellschaftskritischen und weltwirtschaftlichen Überlegungen. Aber keiner, der zuhört.

 “Frankreich, die wunderbare Illusion” von Ulrich Wickert gekauft. Paperback. 0,47 € zzgl. 2,96 € Versandkosten bei Amazon. Sind schon bei Seite 11. Geht uns schon etwas besser.

Auch noch “Besser – Schneller – Schlanker : TQM-Konzepte in der Unternehmenspraxis” von Hartmut Mehdorn über eBay  gekauft. Gebraucht, guter Zustand. 1,31 € zzgl 2,49 € Versandkosten. Noch nicht angefangen, es zu lesen.

Es geht uns jetzt sehr gut. Macht uns überhaupt nichts mehr aus, dass keiner zuhört.

119. KETTENSÄGE

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 7. Dezember 2020

Am Sonntagmorgen werkeln wir immer an unserem Porsche-Wrack herum und lassen es dabei gerne auch mal ausgiebig aus dem Vergaser knallen und patschen, dass es nur so kracht.

In letzter Zeit werden wir jedoch durch das Aufheulen der nachbarlichen Kettensäge überantwortet. Ist vielleicht ein Arschloch, dieser Nachbar.

118. BACHIANISCHE ORGELMUSIK

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 30. November 2020

Durch lautes Klingeln begehrt die alte Nachbarin Einlass in unsere Dachstube. So was gibt es.

Aber alles eifrige Bemühen sollte nichts fruchten.

Der mystische Glauben an unsere eigene welthistorische Mission lässt keine Ablenkung zu. Wir drehen den Volumenregler unserer Musikanlage bis zum Anschlag, die bachianische Orgelmusik  macht jede Klingelgewalt zum Witz.

Abgezehrt, finster und bestaubt kehrt die alte Nachbarin heim. Uns wurde zugetragen, dass sie seit dem Vorfall häufig in Gotteshäusern anzutreffen ist.

117. BEEINDRUCKEND

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 30. November 2020

Wir sind etwas schüchtern und gehen morgens an der von den alten Dorfbewohnerinnen wimmelnden Theke beim Bäcker immer leer aus.

Bis wir mit unserem guten alten Megaphon auftauchen. Beeindruckend, die Menge Brötchen die wir seitdem heimbringen.

116. TAG DES LETZTEN GERICHTS

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 23. November 2020

In einer schwülen Sommernacht schlagen aus einer Wohnsiedlung plötzlich Klänge an unser Ohr, die auf WDR 4 hindeuten.

Wir geraten in eine heftige Gemütsbewegung.

Mit dem Anheben zum Welthit „Put your Hemd on my shoulder“ holen wir zum großen feurigen Sturm auf die Seele des Volkes aus.

Unsere volle Stimme klingt in die Nacht hinein wie dunkel schwingendes Geläut und gemahnt an den Tag des Letzten Gerichts.

115. TAGESSTAMMTISCH

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 23. November 2020

Nach dem Gelage am Tagesstammtisch in unserer Lieblingsspelunke haben wir alle immer einige Mühe, uns gegenseitig auseinander zu halten.

Das Erinnerungsvermögen wacht aber auf, wenn der feinfühlige Wirt uns am Schluß die Getränkegesamtrechnung vorlegt.

114. GRÜNFLIMMERNDE DUNSTGESTALTEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 16. November 2020

Wir begegnen einem Mädchen, vom Scheitel bis zur Sohle eine Formvollendung.

Weltentrückt lächeln wir und fragen: „Dürfen wir hoffen, Sie liebes Mädchen?“

Maliziös führt sie aus: „Ganz recht, junger Mann, Sie dürfen. Kühle Bergwinde wehen heute, nicht?“  Dabei blickt sie durch uns hindurch, wie durch grünflimmernde Dunstgestalten. Und dann ist sie weg. Wir sehen sie nie wieder.

Unser wacher Geist erfasst sofort, dass ihre Worte vieldeutig sind, daß sie für uns schicksalsträchtig werden könnten. Seitdem sehen wir krank und grämlich aus und will uns das Leben keinen Anlass mehr für heitere Rück-, noch Vorblicke, bieten.

113. ELEMENTAR

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 16. November 2020

Wir wollen uns einem gottgefälligen Leben in freiwilligem Reichtum ergeben.

Elementar quillt unser Wunsch nach einer monumentalen Gehaltserhöhung hoch.

112. DER LÖWE IN UNS

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 9. November 2020

Der Löwe in uns ist tot. Die ungeteilte Wahrheit über unsere Leiden und Elend wird nicht in unserem Tagebuch erzählt, sondern in unserer Brust verschlossen.

Der Leichengestank reizt uns, haftet uns künftig an. Butterreinfett, Zucker, Eier und Salz sind unsere Hauptspeisen.

Wir bedenken das eigene Ende. Wird man unser Herz am Flussufer vergraben, unseren Leichnam mit Salz einreiben und zum Stausee tragen?

Man wird ihn eher wohl in das nächste Gebüsch werfen, damit auch unsere zweifelhaften Freunde, die Hunde, etwas davon haben.

111. FRAUENGESCHICHTEN

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 9. November 2020

Wir versuchen die gähnende Leere unseres Frührentnerlebens mit Briefmarkensammeln und  Frauengeschichten auszufüllen. Haben aber noch viel Leerlauf.

Nehmen jetzt die Zwergkaninchenzucht hinzu. War so eine Idee unseres Lieblingspsychiaters.

110. LÖSUNGEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 2. November 2020

Es gehört zu unseren Stärken, die Probleme von anderen lösen zu können.

Insbesondere von denjenigen, die keinen Wert darauf legen.

Wir selbst kommen nicht aus unserem Sumpf heraus, und legen wenig Wert auf Lösungen, die von anderen vorgeschlagen werden.

Schade eigentlich für die anderen.

109. HAGEBUTTENTEE

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 2. November 2020

Hagebuttentee und Multivitamingetränke sind in unserem Hause wenig in Gebrauch. Wir verfügen aber über viele Getränke anderer Art.

Und Bier schließt bei uns immer den Tag, wie es ihn auch eröffnet.

108. AUßERGEWÖHNLICH TRAURIGES GERÄUSCH

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 26. Oktober 2020

Das Dieselmotörchen unseres Untermittelklassedienstwägelchens verhehlt nicht die Schwierigkeit der Aufgabe, die wir ihm Tag für Tag bei unserer wilden Hetzjagd nach immer neuen Kunden stellen.

Plötzlich gibt es ein jaulendes und außergewöhnlich trauriges Geräusch von sich, der Zahnriemen oder das Getriebe, oder Beides, oder auch noch was anderes will nicht länger im Dienste unseres ROI stehen.

Während der langwierigen Reparaturarbeit unseres Dieselmotörchens finden wir in unserem kahlen Büro endlich Zeit, unser akquisitorisches Treiben statistisch aufzubereiten.

Komisch, um unseren ROI stand es auch bereits vor dem tragischen Vorfall nicht zum Besten.

107. ZUSAMMENSTOß

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 26. Oktober 2020

Im Jahre unseres Herrn Jesus Christus 2014 hatten wir einen Zusammenstoß mit einem Döner vegan und erlitten eine Niederlage.

Seit diesem Vorfall setzen wir uns ehrenamtlich für die Völkerverständigung ein.

106. FÜHRUNGSAUFGABEN

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 19. Oktober 2020

Angekommen im Raucherclub unseres Lieblingskneipenwirtes schallt uns durch den dicken Essens- und Tabakdunst hindurch gleich der  aufreizende Lärm aus durchaus nicht unhübschen weiblichen Kehlen ans Ohr.

Nach ein paar Bierchen oder so, dominieren wir schon durch eigene Lautstärke als Vorspiel für größere Führungsaufgaben die ganze weibliche Kneipenschar.

Wir meinen: aus uns soll noch einmal was werden.

Unser Lieblingskneipenwirt sagt uns vertrauensvoll, dass er den Anspruch erhebt, feststellen zu dürfen, dass er der Meinung ist, berechtigt glauben zu können, dass unsere Ansicht Kenntnis verrät.

105. ASCHE

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 19. Oktober 2020

Wir schreiben schmerzliche Gedichte, die wir gerne selbst lesen.

Denn in der Asche finden wir, was im Feuer verloren ging.

104. JUBELGESÄNGE

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 12. Oktober 2020

In Gesängen gestaltet sich die eigene Zukunft vor.

So meinen wir, wenn wir allmorgendlich unter der eiskalten Dusche die alten Heldenlieder jaulen.

In der unerbärmlichen Strenge des Morgengrauens unsere Tätigkeit in unserem Weltkonzern als stellvertretender Unterabteilungsleiter für Reklame und Sonstiges antretend, werden wir aber Tag nach Tag eines Besseren belehrt.

Uns dem frührentlichen Alter nähernd, singen wir freier und reicher, hemmungsloser auch und präludieren Jubelgesänge von üppiger Fülle und Ungebundenheit.

103. KLEINES BIERCHEN

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 12. Oktober 2020

Ein kleines Bierchen hat uns aus unseren trockenen Überlegungen zum Thema Einkommensteuervermeidung gelockt.

Und uns gleich in die Falle der Biersteuerzahlung tappen lassen.

102. SHIMANO 11-GANG

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 5. Oktober 2020

Schon immer waren wir gerne auf unserem Lasten e-Bike mit Shimano 11-Gang Nabenschaltung unterwegs.

Insbesondere dann, wenn die hupenden Feinde sich gerade im dichten Stadtverkehr von zu Hause zur Arbeit oder vice versa quälen.

So richtig Spaß macht es aber, seitdem die wilden e-Scooter-Freunde mitmischen.

Dass wir jetzt seitens des einfachen Fußvolkes anstatt begeisterter Zurufe nur noch hohläugige Blicke ernten, stimmt uns wohl etwas nachdenklich.

101. VERZWEIFELTE

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 5. Oktober 2020

In unserem Leben haben wir zweierlei Orientierung: unser Navi und unsere freie Phantasie.

Allenthalben huldigen uns Verzweifelte.

100. HUSTANFALL

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 28. September 2020

Nicht gänzlich unwürdige Repräsentantinnen des vollbusigen Geschlechts wollen uns zwecks Heirat verführen.

Wir husten. Wir sind auch wirklich erkältet. Aber nur alleine deswegen ist es nicht immer zu verhindern, dass ein kleiner Hustanfall auch im rechten Augenblick kommt.

Aus unseren maßgeschneiderten Anzügen keucht es immer heftiger, wir geben uns schließlich rückhaltlos.

Sogar bei uns gibt es Mut, wenn’s darauf ankommt.

99. OHRFEIGEN

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 28. September 2020

Bei unserer Ankündigung, dass wir beabsichtigen, kurzfristig eine in der Form angemessene, jedoch in der Dimension nicht ganz unerhebliche Gehaltserhöhung zu fordern, knickt das stellvertretende Personaldirektorinchen sogleich zusammen und stürzt uns zu Füßen.

Milde heben wir es auf, verpassen ihm  aber als erzieherische Maßnahme zugleich auch schon mal einige leichte Ohrfeigen.

98. SCHNEIDIG EROBERND

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 21. September 2020

Wir haben so ein dunkles Vorgefühl: an irgendeinem undeutlichen Sommerabend im Jahre unseres Herrn Jesus Christus 2022 – am Vorabend der E-Mobilitätära  -werden wir – wie gewohnt – schneidig erobernd in das obere Fach unseres Kühlschrankes greifen.

Und dann sowas: es lässt sich dort kein letztes, einsames Bierchen mehr ergreifen.

Umgehend werden wir uns auf den langen, beschwerlichen Weg zur nächsten E-Tankstelle begeben.

Bei jedem Schritt wird sich aber unsere bange Vorahnung, dass wir dort nicht mehr die geschätzten Tankstellenrettungsbierchen aus der guten alten Verbrennungsmotorzeit, sondern nur noch Teebeutel in der Auswahl “Bio-Hagebutten”, “Vegan-Pfefferminz” und “ruhige Nacht to go” antreffen werden, zunehmend bemerkbar.  Um uns nicht dem harten Tee-Schicksalsrisiko auszusetzen werden wir dann schließlich vorzeitig umkehren und wieder den Heimweg antreten. Jener Abend wird nicht schön werden, aber zumindest erträglich.

97. KURZFRISTIG

9

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 21. September 2020

Im jungen Frührentenalter geben wir bekannt, dass wir zwecks Aufrechterhaltung eines aufwendigen Lebensstils kurzfristig durchgreifende Versuche in der Richtung von Tätigkeiten, die mit Arbeit zu tun haben, zu machen gewollt sind.

Damit leiten wir in sämtlichen, sich im Umkreis befindlichen Arbeitsvermittlungsagenturen und Rentenanstalten eine Zeit allgemeiner Verwirrung ein.

96. BILDER

9

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 14. September 2020

Es war einmal, da waren wir noch jung. Wir malten Bilder – einfach so.

Es wurde aber gedacht, wir seien Künstler. Und es wurde gefragt, was wir mit unseren Bildern denn ausdrücken wollen.

Da gaben wir unseren Bildern einen Titel. Und es wurde gefragt, was wir denn mit dem Titel ausdrücken wollen.

Ja. Jetzt, im reifen Frührentenalter, malen wir nur noch Bilder mit dem Titel “o.T”. Und so lange wir noch nicht gestorben sind, werden wir sehr glücklich leben und noch viele Bilder malen.

95. POTENTIAL

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 14. September 2020

Wir sind spontan und unverkrampft. Gerne lassen wir zu, dass das ruhende Potential unseres Lebens sich durch dessen freien Lauf selbst energetisch öffnet.

Und ein bisschen Chaos hat noch nie geschadet.

94. WIR HABEN DURST

9

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 7. September 2020

Aufgepeitscht springen wir nachts aus dem Bett; der Morgen bricht schon an.

Wir haben Durst und trinken ein Bierchen.

“Möge dieses Bierchen heute nicht genügen”, denken wir hoffnungsvoll.

Daraufhin müssen wir wohl wieder beruhigt eingeschlafen sein, wie der Wecker uns später verrät.

93. SINNVERWIRREND

9

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 7. September 2020

Die müde Welt unseres täglichen Stammtischdaseins wird nur von den sinnverwirrend durcheinander huschenden Kellnern belebt, die sich bemühen mit ihren Serviertabletts die Bierchen, die wir uns imstande fühlen zu ertragen, herbeizuschaffen.

Wir sind immer froh, dass der Tag wieder einmal zu Ende gegangen ist und wir uns unseren mühsamen Weg nach Hause bahnen können.

92. SOMMERNACHT

9

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 31. August 2020

Es ist eine schwüle Sommernacht.

Im Bierzelt tobt die Volksmusikantenfrontfrau mit der eigenen Stimme und einer 15-köpfigen Schlagertruppe; einer elektronischen Ziehharmonika mit unsynchronen Schieberegistern werden vom Stargastmusikanten synkopierte Kathedralorgeltöne entlockt.

Musikalische Anspannungen bauen sich auf, deren Entladung uns, noch bevor wir besoffen sind, in die dunkle Nacht hinaustorkeln lassen. Dort rollt hinter den Wolken schon der Donner, bisweilen leuchtet Blitzgeäst auf. Es wird ein kafkaeskes Unwetter geboren.

Seit jener schwülen Sommernacht haben wir die Last eines trüben Gemütes zu tragen.

91. LAUTLOS

9

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 31. August 2020

In unserer 7-Zimmer-Penthouse-Wohnung wandeln wir mit unserer halbvollschlanken Gestalt lautlos auf unseren Espadrilles mit Sisalsohle von einem Zimmer zum anderen. Wenn wir durch die eine Tür zur umlaufenden Terrasse hinausgehen, so geschieht dies nur um etwas später durch die andere Tür wieder hereinzukommen.

Wir sind reich und glücklich und leiden nicht unter großen Passionen.

90. HINWEISE

9

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 24. August 2020

Im reifen Frührentenalter lieben wir es, im Brennpunkt unseres Familienherumgewurschtels salbungsvolle Hinweise auf die eigene Liebenswürdigkeit zu geben.

Dabei erfreuen wir uns immer großen Zuspruchs seitens unseres guten alten Dackels.

Denn der weiß schon, daß wir mal wieder zum Gassi-Gehen mit ihm rausgeschickt werden und er dabei weitere salbungsvolle Hinweise von uns zu Gehör bekommt.

Ja, diese Tierchen sind auch nicht blöd.

89. KINDERMÄDCHEN

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 24. August 2020

Wir leben schlicht.

Halten noch nicht einmal ein Kindermädchen.

88. WASSERMELONEN UND HOLLANDTOMATEN

8

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 17. August 2020

Schweine müssen schwimmen lernen, damit in Belgienland die Wassermelonen und die Hollandtomaten nicht aussterben.

So sprechen wir. Durch das Exaltierte unserer Prinzipien fallen wir den Königen sehr unangenehm auf.

Wir erklären ihnen noch, keinen anderen Umgang mehr mit ihnen pflegen zu wollen als über die Polizei und fordern gleichzeitig das Einschreiten der Regierung in alle Angelegenheiten, die täglichen Schwierigkeiten mit der Ehefrau und der Nachbarin nicht ausgenommen.

Wenn auch das nichts bewirkt, wandern wir nach Usbekistan aus. An Gepäck nehmen wir so wenig wie möglich mit, bloß zwei paar Pistolen, eine Vorteilspackung Kondome und einige andere Kleinigkeiten. Sollen diese Könige doch sehen, wie sie mit den von uns zurückgelassenen Problemgegenständen fertigwerden.

87. SOMMERTAG

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von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 17. August 2020


An einem schönen Sommertag im Jahre unseres Herrn Jesus Christus 2020 betreten wir – großflächig untättowiert und die  abstehenden Körperteile völlig unberingt – den freien Boden der städtischen Badeanstallt und spüren die Blicke der Badegäste als zehrendes Feuer im Rücken.

Sofort fühlen wir uns heimisch an diesem Ort und wollen uns dort jetzt häufiger der allgemeinen schweigenden Betrachtung überlassen.

86. LEERER GELDSACK

8

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 10. August 2020

Unser leerer Geldsack ist ganz empfänglich für Banknoten aller Art – sei es auch die Türkische Lira.

Und er lässt sich aufgrund unseres aufwendigen Lebensstils nicht vom Gegenteil seiner Einstellung überzeugen.

Warum muss dann auch dieser blöde Onkel aus Amerika uns den großen erblichen Erfolg verwehren, indem er sich  in seinen letzten Stunden entschied, testamentarisch wortbrüchig von uns abzufallen?

Wir sehen es schon kommen: zwecks Beschneidung der Ausgaben wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als den jährlichen Weihnachtsbaum durch  heimliches Kappen auf dem Friedhof unseres Nachbardorfes zu beschaffen.

85. JUNGKATASTROPHALMANAGER

8

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 10. August 2020

Als angehender Jungkatastrophalmanager war es unser Traum, beim BER-Flughafenbauprojekt auch mal so richtig mitwüten zu können.

Leider sind wir nun etwas zu spät gekommen. Haben uns jetzt bei der Bahn beworben. Sieht ganz gut aus.

84. BIO-DOPPELWANDVEGANPAPPBECHER

8

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 3. August 2020

Und es hätte so ein herrlicher Sommer werden können …

Mit einem braunen Bio-Doppelwandveganpappbecher Coffee To Go in der einen und dem Handy in der anderen Hand haben wir gerade Starbucks verlassen und streunen jetzt abenteuerlich beschwingt durch die sonnigen Straßen der großen Stadt.

Und dann ein winziger Moment von Unkonzentriertheit. Da schlucken wir schon das Handy herunter und verbrühen uns wenig später beim Whatsappen die Fingerkuppen am heißen Kaffee.

Ehrlich: Coffee To Go von Starbucks – und überhaupt … das ist doch nichts.

83. ERÖRTERUNG

8

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 3. August 2020

Wir finden es nicht leicht, eine ernsthafte Erörterung mit unseren komischen Artgenossen zu pflegen.

Insbesondere, wenn diese nicht unserer Meinung sind.

82. BITTERLICH

8

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 27. Juli 2020

Der Gesamtspartenleiter für den nicht-operativen Bereich möchte sein bisher ausschließlich für interne Repräsentationszwecke genutztes Dienstfahrzeug der abgehobenen Mittelklasse jetzt auch nach außen für den Nutzen des Weltkonzerns einsetzen.

Leider zeigt sich das Kundenvolk wenig kooperativ diesem Bestreben des Gesamtspartenleiters für den nicht-operativen Bereich zu entsprechen.

Bei den Terminierungsversuchen der Sekretärin fällt es durch auffälliges Ausweich-, ja sogar Ignoranzverhalten, auf. Bei unangemeldeten Vorfahrversuchen zeigen sich die außenweltlichen Pförtner äußert unwillig und zum Teil rabiat.

Auf der Rückfahrt zur Zentrale seines Weltkonzerns weint der Gesamtspartenleiter für den nicht-operativen Bereich bei Tempo 200 bitterlich. Schritt für Schritt muss er in seinen Hoffnungen zurückweichen und sich künftig wieder tagtäglich mit dem negativen ROI und den ausgereizten  Kostensenkungspotentialen auseinandersetzen.

81. TROTTEL

8

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 27. Juli 2020

Wir haben uns unser Leben lang als Trottel maskiert. Mit unseren 92 Jahren merken wir, dass wir tatsächlich trottelig zu werden beginnen.

Unsere Fähigkeit zur Selbsterziehung ist phänomenal. Das muss man schon sagen.

80. IN DIE HAUSBIOMÜLLTONNE GEKOTZT

8

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 20. Juli 2020

Wir sind kritische Journalisten.

Nach einem kritischen Kneipenabend haben wir in die Biomülltonne unserer Hausgemeinschaft gekotzt.

Der Hausmeister ist hinter uns her. Er hat‘s gesehen, da ist er gleich in Jogginghose, Unterhemd und Badelatschen los, uns totzuschlagen.

 „Uns!“, rufen wir aus. Mehr gibt es heute von uns als kritischen Beitrag nicht. Dafür reichlich Stockschläge auf den kahlen Schädel des sich heranschleichenden Hausmeisters und hinterher reichlich kritische Beiträge von unseren kritischen Journalistenkollegen.

79. RANDEXISTENZ

7

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 20. Juli 2020

In unserer Lieblingsspelunke trinken wir mit den blonden vollbusigen Rumhängerinnen um die Wette und wiederholen dies so oft, dass wir am Ende immer – eher als sie – den Schlaf mehr als das Trinken brauchen.

Wir werden es wohl nie schaffen, unserer Randexistenz zu einer eigenwilligen Präsenz in der Gefühlswelt dieses merkwürdigen Menschenschlags zu verhelfen.

78. LIEDERSCHATZ

7

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 13. Juli 2020

Wir machen uns lustig mit Trinken.

Zwei Volksmusikanten vermehren die Lust.

Sie wirbeln ihren ganzen Liederschatz mit unzähligen Wiederholungen ab,

was von uns mit unzähligen Bierchen gewürdigt wird.

77. PROBLEMGEGENSTAND

7

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 13. Juli 2020

Kurz vor der Frühverrrentung lodert völlig unerwartet auf einmal die Flamme unseres Arbeitseifers, die in all den früheren Jahren nur durch vereinzelten Fünkchen vertreten war, hoch und breit zu einem Höllenfeuer empor.

Im fortgeschrittenen Alter werden wir nun wohl zum strahlenden, ja glühenden Hoffnungsträger der Rentenanstalt, jedoch noch mehr zum brennenden  Problemgegenstand unseres eigenen Nachdenkens.

76. LANDTIERLEICHENTEILE

7

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 6. Juli 2020

Des Hungers wegen vertilgen wir in unserer Lieblingsdönerbude gegrillte Landtierleichenteile vom Spieß.

Den Geschmack bei deren Genuss ziehen wir dabei nicht prüfend zu Rate.

Zu unrecht,

wie wenig später die sich in unserem Verdauungssystem einsetzende vibrierende Unordnung zeigt, deren Echo, in Lautstärke ansteigend, in einer schallenden Tonskala herüberpräludiert.

75. TÄGLICH

7

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 6. Juli 2020

Hallo Ihr lieben Mädchen. Wir können Euch besuchen, wenn Ihr wollt. Vor allem aber täglich.

Wenn möglich natürlich.

74. ALLIGATORENGEWIMMEL

7

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 29. Juni 2020

Im Alligatorengewimmel unserer Lieblingsspelunke lernen wir eine erschütternd junge Dame kennen.

Die Unterhaltung geht nicht besonders voran und begrenzt sich überwiegend auf ein verkrampftes Lächeln unsererseits. Sie trinkt wie eine junge Göttin und sieht uns mit unschuldsvoll geweiteten Augen an.

Wir halten es nicht mehr aus und sagen ihr, dass wir uns viel von einem Versenken in die gegnerische Körperlichkeit versprechen.

Es stellt sich heraus, dass man in unserer Lieblingsspelunke überraschend schnell zu einer Freundin, aber noch schneller zu einer Unmenge an blauen Flecken und gebrochenen Nasen, kommen kann. Wie man’s verdient.

73. SCHADE

7

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 29. Juni 2020

Wer über uns sprechen will, kann dies gerne machen. Aber man braucht sich, bitte schön, nicht über unsere Vergangenheit zu vergewissern. Denn sonst will man womöglich wohl nicht mehr über uns sprechen.

Wäre doch schade für euch.

72. RESTMÜLLEIMER

7

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 22. Juni 2020

Seit unserer Kindheit sorgen wir uns ernsthaft um das Schicksal der Menschheit.

Eines Tages trifft uns der dumpfe Schlag der Einsicht: wir sollten uns der Untätigkeit entziehen. In uns erwächst der Geist des Managers. Wir wissen jetzt, wie wenig das Wissen angesichts der Tat bedeutet.

Da platzt unerwartet platt und kalt die Frage der Ehefrau herein, warum der Restmülleimer seit 27 Tagen unentleert geblieben ist.

Vorbei die Gesinnung für das Edle und das Rechte. Bald verdichten sich erneut unsere Sorgen. Zur Untätigkeit verurteilt, warten wir auf die unausbleibliche Stunde der nächsten Umwälzung.

71. SYSTEMDRANG

7

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 22. Juni 2020

Wir wollen mit der Freiheit des Ausgleichs und der Anpassung, zu welcher der Systemdrang unseres Lebensstils und insbesondere unser persönliches Bedürfnis nach ungeheuren Geldquellen uns verleiten, die ablehnende Antwort des stellvertretenden Personalleiters auf unsere Frage nach einer Gehaltserhöhung zu uns herüberziehen und sie, so wie man Steine für den Bau behaut, um der Brauchbarkeit willen aus Beweggründen eines höheren Bedürfnisses, bearbeiten. Jedoch zwecklos: alles Schrott, komplett unbrauchbar.

Wird wohl wieder nichts mit der Gehaltserhöhung.

70. LEBENSBUNTE BEWEGTHEIT

7

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 15. Juni 2020

Lebensbunte Bewegtheit wogt in rasender Flut durch den engen, von dem Schatten unseres alten Baumbestandes verdunkelten, nachbarlichen Garten.

Beunruhigt durch die überhängenden Lebensbaumzweige, macht die Nachbarin ihre Sorgen mit wüstenweitem, lautem Gebrüll kund.

Sie zeigt sich in sprühendester Laune, genau so wie der Zwerg eines Ehemannes neben ihr.

Aus lauter Bösartigkeit beschließen wir, dass unser Fernbleiben noch mehr als unsere Anwesenheit ihren Groll steigern soll.

69. SIE LIEBT UNS

6

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 15. Juni 2020

In ihrem tiefsten Innern pflichtet das Einkommensteuersachbearbeiterinchen uns schon bei, dass eher wir mit unserer Forderung einer Einkommensteuerrückzahlung als sie mit ihrer Forderung einer Einkommensteuernachzahlung recht haben. Will dennoch alljährlich einen völlig unnützen und langwierigen Disput mit uns entfachen.

Wir glauben, sie liebt uns.

68. INTELLIGENTE VERKEHRSSTEUERUNGSSYSTEME

6

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 8. Juni 2020

Durch die Telekommunikationsmedien ist die Erde erstaunlich klein geworden.

Nur die endlosen Staus lassen einen berechtigten Zweifel daran zu.

Auch wenn die intelligenten Verkehrssteuerungssysteme sich noch so sehr bemühen.

Schmerzerfüllt lassen wir unsere Autohupe sprechen. „Stop and go!“, ist die Antwort.

67. MAHLSTEINE

6

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 8. Juni 2020

Döner Kebab komplett , Fritten extra mit Mayo, Currywurst to go, Grillhähnchen auf die Hand, Pizza Funghi XXXL. Und dazu Cola Zero. Wir leben wie Mahlsteine,  sind Männer mit harter Leber.

Noch mehr vertrauen wir darauf, dass die Götter uns wohlgesinnt sind.

66. JETZT SIND WIR MAL DRAN

6

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 1. Juni 2020

Wir haben uns entschieden, eine Beförderung zu wollen. Jetzt sind wir mal dran.

Aber unser Wunsch wird nicht nach Wunsch erfüllt. Der Spartenleiter für Personal und Sonstige Probleme lässt uns umgehend wissen: nein. Ja, und unsere Ambitionen, was soll aus denen werden? Nein, mein sehr verehrter Herr, so leicht können Sie sich nicht unseren Bemühungen entziehen. Zu mindestens dann eine Neuorientierung. Was Internationales wäre nicht schlecht. Und auch wenn es was Operatives wäre, würden wir nicht nein sagen.

Was? Noch nicht mal das! Dann, bitte schön, ein wenig mehr Geld, das könnte nun wirklich auf keinen Fall schaden. Ein dumpfes Brüllen des Gesamtspartenleiters für den nicht-operativen Bereich, wie von einem unterweltlichen Ungeheuer, lässt uns aufschrecken. Wir sollen uns auf einen Tritt in den Arsch gefasst machen? Nun gut! Wir haben verstanden. Sehen Sie jetzt selbst, wie Sie künftig ohne uns auskommen. Wir gehen zur Konkurrenz.

Komisch, die Konkurrenz lässt uns umgehend wissen, auch verschont von unseren Ambitionen bleiben so wollen. Ach, so ist das! Egal, dann werden wir eben kritischer Journalist.

65. ENTLADUNGEN

6

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 1. Juni 2020

Seit unserer Frühverrentung verlaufen unsere Tage in monotoner, mythischer Einsamkeit und Strenge.

Nur noch am Monatsende, wenn die Betriebsrente sich auf unserem Konto lauthals bemerkbar macht, gestalten sich für einen kurzen Moment unsere lyrischen Entladungen rücksichtlos.

64. DAS HIMMLISCHE PARADIES

6

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 25. Mai 2020

Es ist Freitagabend; mit dem motorisch unterdimensionierten Untermittelklassedienstwagen fahren wir unsere müden Knochen von der Arbeit nach Hause.

Auf dem Kampfplatz Autobahn wimmelt es jetzt nur so von den Getunten.

Grinsen sie oder sind es nur die verwünschten Fressen? Die Getunten fahren schnell, viel zu schnell, und die Musikanlage ist laut, viel zu laut.

Unsere hellen eisblauen Augen sehen mit weiter, dunkelnder Pupille in die Ferne. Wir hoffen, dass dort, wo der Autobahntod wohnt, für die Getunten sich bald der Eingang in das himmlische Paradies öffnet.

63. NORMATIVES PHÄNOMEN

6

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 25. Mai 2020

Wir sind alte Anti-Ozonlöcher.

Im modernen Anti-CO2-Zeitalter müssen wir unsere Monologe vor dem Rest der Menschheit zunehmend als normatives Phänomen zelebrieren.

62. VERTRAUENSVOLL UND BESCHEIDEN

6

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 18. Mai 2020

Vertrauensvoll und bescheiden teilen wir dem Spartenleiter für Personal und Sonstige Probleme regelmäßig unsere Einsicht, eine substantielle Gehaltserhöhung verdient zu haben, mit und hören dazu nur freundliche und ermutigende Worte.

Als wir neuerdings als peinigendes Mahnmal in Bettlerkleidung erscheinen, entwickelt sich sofort eine gewisse Missstimmung uns gegenüber; freundliche und ermutigende Worte sind nicht mehr zu hören.

Wir bedauern das.

Uns bleibt nur ein Ausweg: der Spartenleiter für Personal und Sonstige Probleme soll abtreten.

61. BEEINDRuCKEND

6

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 18. Mai 2020

Es ist Wochenende und auf den Berliner Stadtautobahnen gibt es wieder ein tolles Gewühl – getunte BMWs, die einander nur so überjagen. Bis wir in unserem alten Achtzylinder mit dem guten Stern breit auf der linken Spur auftauchen.

Beeindruckend, was das Leben da alles in den fremdländischsten Sprachen schreibt.

60. SCHWER UND UNÜBERSICHTLICH

6

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 11. Mai 2020

Wir sind struppig und ruppig und ziemlich ungewaschen.

An unserer Lieblingsdönerbude weht in der milden Abendluft über die Stehtische der zarte Duft eines Vorproduktes für die Biodiesel-Industrie.

Die Gerichte sind schwer und unübersichtlich, dafür scharf. Von der Bedienung, der die Schweißtropfen von der Stirn auf die dampfende Speise fallen, werden die Döner gereicht und von uns mit eiserner Miene vertilgt.

Das lauwarme Bier in der Imbissbude nebenan hat es nicht leicht, unseres unauslöschlichen, durch die Schärfe der so eben vertilgten Speise noch vermehrten Durstes Herr zu werden.

59. SCHWÄCHE

5

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 11. Mai 2020

Wir sind Wochenendmandelmichsäufer und gleichsam Tomatenpestodauerfresser mit Schwäche für das leichte, vollbusige Geschlecht.

Uns wird vertrauensvoll zugeflüstert, dass wir, den Gipfel des Unheils zu erreichen, nur allzu geeignet zu sein scheinen.

58. ZUFRIEDEN

5

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 4. Mai 2020

In unserer Dorfskneipe gilt Trunkenheit als ehrenhaft.

Dabei befindet sich das Bier in einem sehr unvollkommenen Zustand. Aber dem sei indessen, wie ihm wolle, man braucht das Bier schon genug, um nicht mit seiner derzeitigen Beschaffenheit unzufrieden zu sein.

Meistens gehen wir abends in wenig vorteilhafter Verfassung nach Hause und stehen am nächsten Morgen mit dem Gedanken, man hätte uns umbringen wollen, auf.

Da müssen wir abends in unserer Dorfskneipe wohl wieder flüssigen Trost zu uns nehmen.

57. GRÜNSCHNÄBEL

5

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 4. Mai 2020

Hallo, Ihr Grünschnäbel. Bald werdet Ihr unsere alten Fähigkeiten kennen lernen.

Noch lieber wären uns aber noch unsere betagten Fäuste.

56. DIE MUSIK DER VOLKSMUSIKANTENTRUPPE TOBT

5

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 27. April 2020

Die Musik der Volksmusikantentruppe tobt in wüstem, unermüdlichem Einerlei. Gegenwehr ist zwecklos.

Von Strophe zu Strophe lässt die Sängerin mit der immensen blonden Haarpracht, die beim taktmäßigen Schütteln zu einem großen Gewirr zusammenschmilzt, durch ihre Stimmgewalt ihr rhapsodisches Improvisationstalent gesteigerten Ausdruck finden und treibt ihre instrumentellen Mitkämpfer zu immer  schnelleren polyrhythmischen Strukturbrüchen und dynamischen Tonartwechseln an.

Reue hat uns zu diesem Konzert getrieben.

Aber wir wissen jetzt: es war die Suche nach lärmendem Vergessen.

55. RESTMÜLLEIMER

5

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 27. April 2020

Als Frührentner versuchen wir, unseren Mangel an Kenntnis der Haushaltsführung durch Ergänzungen aus der Phantasie zu überkompensieren.

Erfolglos, wie der überquellende Restmülleimer in der Küche uns tagtäglich belehrend anschreit.

54. MIT SEHR IDEALEN AUGEN

5

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 20. April 2020

Wir, Vorstandsvorsitzende, finden es immer lustig, zu sehen, wie die Untergebenen sich abrackern, schwitzen, mit den Augen rollen und gewaltig tun – wo wir doch ganz genau wissen, dass wir nur einen kleinen Finger rühren müssen, ganz wenig nur, und dann purzelt alles über den Haufen. Zu lustig ist das!

Und dann so was: wir finden heraus, dass diese Untergebenen uns über Jahre schamlos bestohlen haben. Vorbei heile Welt.  Wir stellen sie zur Rede: „Ihr Monster der Unvernunft, Ihr Ungeheuer der Unverlässlichkeit! Wie könnt Ihr es wagen, uns zu bestehlen? “

Uns wird geantwortet: „Wenn es Euch gefällt, sind wir Diebe, und nicht einmal reuig. Wir geben nichts wieder her und auf Eure Wut pfeifen wir. “

Worte wie Keulenschläge, um uns herum alles verwüstet. Wir danken ab. Die Abfindung lässt uns als Privatmenschen aber bald die Welt wieder mit sehr idealen Augen betrachten.

53. GETRÄNKEBESTELLUNG

5

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 20. April 2020

In unserer Lieblingsspelunke werden wir heute Abend unsere Getränkebestellungen durch 1,33  dividieren. Damit wir es zur Abwechselung auch mal nur 3/4 besoffen nach Hause schaffen.

Hoffentlich verkalkulieren wir uns nicht.

52. ÜBERSPANNTES PFLICHTGEFÜHL

5

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 13. April 2020

Unter Androhung, die Arbeitslosenunterstützung zu streichen, will das Arbeitsamt uns eine Stelle als Geschäftsführer eines Welthandelsunternehmens andrehen.

Höflich, aber bestimmt erklären wir unsere Überlegungen, einen Versuch der Ausführung nicht folgen lassen zu können, weil uns die Zeit dazu fehlt.

Im Übrigen kann man noch so mit Argumenten geladen auf uns herabkommen; wir pflegen, selten aus der Fassung zu geraten, selbst in solchen Situationen, in denen unsere intimsten Feinde glauben, daß es angebracht wäre.

In seinem Elend sieht unser Arbeitsvermittler sich gezwungen, selbst die Stelle wahrzunehmen. Das hat er jetzt davon zu versuchen, sein überspanntes Pflichtgefühl an uns auszulassen.

51. NEUE LEBENSERFAHRUNG

5

von P. OPVEA in “Klarstellungen von unterhalb der Hinterbank”

Montag, den 13. April 2020

Im Laufe der Jahrzehnte lassen wir den Ton unserer Forderung einer Gehaltserhöhung bis zur Drohung anschwellen.

Dass man die Gespräche über eine Gehaltserhöhung auch gleichsam mit geballter Faust und Fußtritten eröffnen kann, stellt für das stellvertretende Personaldirektörchen offensichtlich eine neue Lebenserfahrung da, wie sich uns durch sein wehklagendes Gehabe seit unserer letzten Begegnung offenbart.

50. MÄCHTIGE SCHÄDELDECKEN

5

von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 6. April 2020

Auf einer Ponyranchfete machen wir Bekanntschaft mit einigen zweifelhaften aber angenehm anzusehenden blonden Vertreterinnen des vollbusigen Geschlechts.

Wir tragen ihnen ausführlich unsere partikulären Ansichten über die europäische Milchviehwirtschaft und über das Ozonloch über der Meeresenge von Gibraltar vor.

Doch scheinen sie mehr daran interessiert, was wir in unseren Stretchhosen haben, als was wir unter unseren mächtigen Schädeldecken verbergen.

Dabei lassen sie Ausdrücke fallen, die jeder, der sich dafür interessiert, in einem Wörterbuch für urwüchsiges Volkstum nachschlagen möge. Noch am selben Abend entscheiden wir uns, eine Stelle als Seelsorger für pensionierte Fremdenlegionäre antreten zu wollen. Sollen die Vollbusigen doch sehen, wie sie ohne uns auskommen.