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288. WINTERLICH

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 25.Dezember 2023

Bei unserem winterlichen Besuch der Arbeitsagentur heben wir zu unserer diesmaligen Erklärung an, dass äußerliche Kälte, innere  Mattigkeit, jedoch vor allem Zeitmangel unserer Arbeitslust hinderlich im Wege stehen.

Dem zuständigen Sachbearbeiterinchen scheint aber schon gleich zur Beginn das Wesentliche unserer Ausführungen zu entgehen, den sie will uns diesmal sofort einen Posten als stellvertretende Geschäftsführer eines Weltkonzerns andrehen.

Wir sagen ihr, dass wir ihr nicht verheimlichen wollen, dass unser Wille der Schwierigkeit dieser Aufgabe gewachsen sei und dass wir bereit sind, ein feierliches Gelöbnis abzulegen und nicht eher unsere Bemühungen einstellen zu wollen, als bis wir vollkommen erschöpft zusammenbrächen. Alsdann hofften wir, die Arbeitsagentur würde so großmütig sein, sich um unser Begräbnis zu kümmern und unsere untröstlichen Familien zu benachrichtigen.

Hierauf beginnt das Sachbearbeiterinchen herzzerreißend zu weinen und zeigt nervöse Zuckungen. Soeben noch von Traurigkeit umfangen schickt sie uns plötzlich jählings hysterisch aufbrüllend in die klirrende Kälte hinaus. Ja, diese jungen Dinge: viel tun die auch nicht für einen.

287. VERLIEBTHEIT

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 18.Dezember 2023

Wir sind mittelalt und brüten noch einmal Verliebtheit. Was für ein Gefühl.

Zur Absicherung  leiten wir gleich eine nähere Bekanntschaft mit der zukünftigen Schwiegermutter ein.

Bei der Angebetenen ist dies wohl nicht so gut angekommen, wie uns wortlos durch Tritte in den Hinterbacken zur Kenntnis gebracht wird.

Ach, mit diesen jungen Dingen, das ist doch nichts. Machen wir eben mit der Schwiegermutter weiter.

286. UNBELIEBT

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 11.Dezember 2023

Wir sind unbeliebt und haben Geld, viel zu viel Geld. Immer neue Geldmassen werden aus Erbschaften herangeschleudert.

Wir gehen ins Kasino und peitschen unsere Euros als türkische Lira ins Spiel.

Aber auch dieses kleine Mittel der Geldverdünnung hilft nicht: wir gewinnen pausenlos – Euros versteht sich – um so mehr.

Uns huldigen nur noch die Einkommensteuersachbearbeiterinchen.

263. LIEBEVOLL

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von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”

Montag, den 3. Juli 2023

Der Unfleiß als Übung jenseits von Zielen ist unsere Lebensform.

Wir sind doch keine Schweine, die einen ganzen Acker zerwühlen, wenn sie sich nach einer einzigen Wurzel gelüsten.

Wir sind wie die edlen Löwen: wir schlagen, wenn es uns hungert.

Aber noch lieber hätten wir, wenn sich das Sozialamt uns liebevoll annimmt.