von Carolus Borromeus in “Unweisheiten aus der Provinz”
Montag, den 12.08.2019
Obwohl unsere Leistungen und die Lage unseres Weltkonzerns es nicht zulassen, bringen wir unsere Forderung nach mehr Gehalt dem Spartenleiter Personal und sonstige Probleme gegenüber eindringlich zum Ausdruck.
Wir glauben, dass er wohl vernünftig genug sei, eine Ausnahme zu statuieren.
Anfänglich unterhalten wir uns recht gut, aber bei fortschreitender Gesprächsdauer stellt sich zunehmend heraus, dass die Begriffe zu Gehaltserhöhungen für Dritte in seiner Erziehung und Ausbildung offensichtlich schwer vernachlässigt wurden. Er redet über Bescheidenheit, Selbstbesinnung, über die Erhabenheit des Weltalls, die Andacht in der Natur. Er steht auf und hält uns die weit ausgestreckten Arme entgegen: “Ein Rausch erfasst mein Herz! Eine Ekstase, die alles Denken aufhebt! Mein Ich versinkt in den Urgrund alles Seins! Begnadet, wer diesen Zustand erlebt! Es ist die Sehnsucht der Einzelseele aus der Sinnlichkeit heraus nach dem unergründlich Höchsten. Jede Kreatur teilt diese Sehnsucht. Ich liebe euch alle, ihr Gotteskinder!”
Als wir sein Büro bereits verlassen haben, hören wir noch, wie er laut jubelnd über das Glück der Armen zu reden beginnt. Wir wissen: das wird nichts mit der Gehaltserhöhung. Bis zur Frühverrentung werden wir jetzt die schwere Last unseres trüben Gemütes zu tragen haben.